Meine drei mal drei besten Tipps fürs Überarbeiten von Texten

Dies wird voraussichtlich mein letzter Blogpost im diesjährigen Sommerblogparadenmarathon, den Judith Peters ausgerufen hat. Das Thema diesmal stammt von Daniela Pokorny und du findest die Blogparade hier.

Überarbeiten ist so ein Ding, vor allem bei dem langen und dicken Text, den ich für die Ansgar-von-Briant Reihe verfasst habe. Und natürlich gibt es da verschiedene Phasen und auch Blickrichtungen auf den Text.

Wahrlose Beschreibungen erkennen und eliminieren

Was sind wahrlose Beschreibungen? fragst du vielleicht. Und was beschreibe ich, wenn ich in einen Raum komme und den Lesern den Raum vorstellen will?

Das kommt darauf an, mit welcher Person ich den Raum betrete. Ein Dieb wird sich den Raum anders anschauen, als der Hausherr oder seine Tochter. Der Dieb achtet auf Dinge, die es zu stehlen lohnt und darauf, ob er zum Beispiel verschiedene Fluchtwege zur Auswahl hat.

Der Hausherr ärgert sich vielleicht, weil seine Putzfrau wieder nicht gründlich genug gestaubsaugt hat und die Tochter des Hausherrn sucht und findet ihren Füller.
Je nachdem, mit welcher Intention meine erzählende Figur den Raum betritt, wird also die Beschreibung anders ausfallen. Warum soll ich erzählen, dass da ein Hindernis im Weg steht, wenn dieser Weg später gar keine Rolle spielt?

Mein Tipp lautet also: Schau dir deine Beschreibungen an: Wer beschreibt den Ort? Passt die Beschreibung zur Perspektive der erzählenden Figur? Haben die beschriebenen Details einen „Sinn“ für die Geschichte (Sinn kann auch das Schaffen von Atmosphäre sein) oder sind es belanglose Details? Was braucht es, damit der Leser sich den Ort gut vorstellen kann? Was lenkt ab und ist unnützes Beiwerk? Kreiere Atmosphäre ohne beliebig zu werden.

Bring deine Helden in Aktion

Von einem Helden erwarten wir naturgemäß, dass er die Geschehnisse vorantreibt und eben aktiv ist. Aber manchmal rutscht das, bei mir zumindest im ersten Entwurf, in den Hintergrund. Dann lasse ich gerne den „Zufall“ regieren oder jemand kommt dem Helden zu Hilfe, dann wird plötzlich die Nebenfigur aktiver und wichtiger als der Held. Schau dir deinen Helden an. Ist er tatsächlich derjenige, der die Ereignisse durch aktives Handeln vorwärts bringt? Hat er die guten Ideen? Ist er initiativ und bereit, etwas zu wagen? Manchmal ist es gut, Szenen zu ändern, damit der Held aktiver handeln kann und nicht nur hin und hergeworfen wird von den Ereignissen.

Und zum Thema aktiv gehört natürlich auch der Satzbau: Mach deine Sätze aktiv. Passivsätze sind schwerer zu lesen und zu verstehen und machen die Story lahm. Wir alle lieben beim Lesen aktive Sätze. Deshalb schau dir deinen Satzbau an. Bau passive Satzkonstruktionen in Aktivsätze um und gib dem ganzen mehr Drive.

Und zu guter letzt. Wenn es sehr aktiv wird, sprich Action ins Spiel kommt, dann sollte das auch am Schreibstil zu erkennen sein. Sehr lange Sätze, Erklärungen, Einschübe, all das kannst du an anderer Stelle einbauen, aber Actionszenen sollten sprachlich schnell und spannungsgeladen sein. Eben der Dramatik angepasst. Auch hier kann man beim Überarbeiten noch viel Feilen, damit der Leser am Ende atemlos an den Buchseiten klebt.

Schau dir die Dialoge nochmal genauer an

Dialoge sind in deiner Geschichte wie Pfeffer und Salz, sie geben dem Text die richtige Würze. (Es sei denn, es ist ein Blogartikel, da habe ich selten wörtliche Rede.) Deshalb ist es wichtig, dass deine Dialoge richtig knallen. Aber was macht einen Dialog zu einem guten Dialog? Und wie überarbeite ich meine DIaloge so, dass sie am Ende das Juwel in meiner Geschichte sind?

Dialoge sollten fetzig, schnell, schlagfertig, witzig oder dramatisch sein. Dafür kann man auf einige Dinge achten: Streiche „Ja“, „Nein“, „Vielleicht“ oder „natürlich“ aus deinen Dialogen und sag es anders. Im echten Leben wiederholen wir in Gesprächen oft Teile dessen, was der Vorredner gesagt hat, streiche das auch. Mach es kurz und knackig. Gib indirekte Antworten: Also auf die Frage „Willst du ins Kino gehen?“ Nicht „Ja, ich will ins Kino gehen“, sondern „Wann kommt der Thriller von XY?“ Oder „Welchen Fim willst du sehen?“

Missverständnisse, Aneinandervorbeireden, schlagfertige Antworten, Sprachwitz, das wollen wir lesen, also solltest du deine Dialoge angucken, denn fade und langweilige Dialoge verderben selbst die beste Geschichte.

Ist die Logik der Geschichte durchgängig gewahrt?

Logik und Stringenz sind für eine funktionierende Geschichte elementar. Deshalb schau dir beim Überarbeiten auch noch einmal die Logikketten an. Beachte die kausalen Abläufe von Ursache und Wirkung: Jede Wirkung hat eine Ursache und jede Wirkung wird wieder zur Ursache der nächsten Wirkung. DIe allermeisten Geschichten funktionieren nach diesem Prinzip: Weil der das getan hat, tue ich das, was wiederum bewirkt, dass der andere… usw. Wenn es in dieser Kette Löcher gibt und die Handlung des Helden plötzlich nicht mehr nachvollziehbar ist, wird ein Leser das merken. Deshalb solltest du auch hier nochmal genauer hinschauen: Hat meine Geschichte Handlungslöcher, wo nicht klar ist, warum eine Figur so handelt und nicht anders? Habe ich irgendwo einen Handlungsstrang begonnen und nicht fortgeführt? Vergesse ich unterwegs auch keine Figur? Sind alle Schlussfolgerungen logisch und konsequent zu Ende gedacht?

Übergänge von einer Szene zur anderen

Mir sagte einmal ein guter Freund: Nur weil deine Figur drei Tage durch Schnee und Eis reitet, will ich nicht drei Tage zum Lesen für diese Szene brauchen, die ja eigentlich nur ein Übergang von A nach B ist. Natürlich kann die Hauptfigur dabei wichtige Gedanken haben, natürlich kann auch noch irgendwas passieren, aber wenn es nur um ein von A nach B geht, lass es weg. Oder kürze es rigoros.

Klar heißt es Heldenreise, aber deshalb muss ich nicht jeden Zentimeter Reise beschreiben. Ich darf Lesern zumuten, Sprünge zu verstehen. Zu verstehen, wie der Held die Wegstrecke zurückgelegt hat, wie er vom Burgtor in den Saal kommt und so weiter. Manchmal brauchen wir beim Schreiben diesen Weg. WIr müssen wissen, was genau alles passiert ist, aber vielleicht war der Abschnitt des Textes nur für dich. Du darfst deinen Lesern mehr zumuten als du denkst. Wir kennen Schnitte und Szenenwechsel von Filmen. Heutzutage werden die sogar immer schneller. Das muss im Buch zwar nicht zwangsläufig auch so sein, aber manch langweilige Wegstrecke kann man einfach und getrost streichen, so gerne man sie geschrieben oder selbst gelesen hat, der Leser braucht sie nicht und es macht das Buch schlanker (und ja, das sage ich gerade mir selber), ich habe aus Buch 1 gelernt und werde das nun im 2. gleich von Anfang an besser beherzigen und im Nachhinein beim Überarbeiten dann auch nochmal prüfen.

Perspektiven

Hast du für jede Szene die bestmögliche Perspektive gewählt? Gerade bei meinem Wälzer mit den vielen Perspektiven war das im Nachhinein manchmal die Frage: Solltest du wirklich noch eine Figur und noch eine Perspeltive einführen? Braucht es die Perspektive des Henkers? Oder kann ich es auch aus der schon bekannten Perspektive des Königs erzählen? Auch hier lohnt sich ein zweiter Blick beim Korrigieren, denn zuviele Perspektiven verwirren und außerdem macht es einen Riesenunterscheid, ob ich eine Szene aus der Perspektive des Helden oder seines Gegners lese. Also hier einfach auch nochmal hingucken. Wenn du natürlich einen Ich-Erzähler oder eine durchgängige Er-Erzählerperspektive gewählt hast, die nicht wechselt, kannst du dir den Schritt sparen.

Deine Lieblinge finden und streichen

Jetzt kommt das klassische „Kill your Darlings“. Jeder hat seine Lieblingsworte, seine Lieblingssätze und seine Lieblingsszenen. Aber warum in aller Welt soll ich die streichen?

Bei den Lieblingsworten leuchtet es noch ein: Wenn ich in einem Kapitel 100 mal „auch“ schreibe oder immer ein „sowieso“ einbaue, dann nervt das den Leser ziemlich schnell und fällt vielleicht auch mir ins Auge. Wenn ich meine Lieblingsworte kenne, seien es nun Füllworte oder auch andere, zum Beispiel „knurrten“ oder „brummten“ bei mir alle Personen anstatt zu reden, dann kann ich auch mit „Suchen und ersetzen“ arbeiten und sie entweder ganz eliminieren, wie bei den Füllwörtern, oder sie auf ein erträgliches Maß kürzen. Das macht den Text schlanker und besser lesbar und man stolpert nicht mehr über diese Lieblingsworte.

Lieblingssätze, Lieblingsphrasen und Formulierungen, die man immer wieder nutzt, hat vermutlich jeder Autor. Ich gebe zu, dass ich es bei manchen Formulierungen gar nicht selber gemerkt habe, erst als mein Lektor mich aufmerksam gemacht hat, habe ich festgestellt, oh, das habe ich aber wirklich oft verwendet, sowas wie: „Er ballte die Fäuste“ oder „Er biss die Zähne zusammen.“ Natürlich gilt hier das gleiche wie bei den einzelnen Worten: Eliminieren, ausradieren, abschaffen. Warum? Naja wenn ein Satz so oder ähnlich ein oder zweimal im Buch vorkommt, ist das okay, aber wenn er gefühlt auf jeder oder jeder zweiten Seite steht, wirds schwierig. Sätze werden dann nämlich beliebig und sagen nichts mehr aus, sie nerven und scheinen wahllos über den Text verteilt…. also auch hier lohnt es: finde deine Lieblingsformulierungen und streiche so konsequent wie möglich.

Und zum Schluss: Lieblinsgszenen, Lieblingsbeschreibungen usw. Hier wird es besonders hart, den Löschstift anzusetzen und einfach auf „Delete“ zu gehen. Deshalb erstmal der Tipp: Leg dir einen Platz an, an dem du aussortierte Szenen aufhebst, denn vielleicht passen sie später einmal irgendwo oder du kannst sie einfach zu deinem Vergnügen ab und an lesen oder du machst ein Spinn-off oder einen Adventskalenderschnipsel daraus.

Ja, es ist hart, Lieblingsszenen zu streichen und manchmal sollte man es vielleicht auch nicht tun, aber es gibt trotzdem gute Gründe: Es macht die Geschichte eventuell schneller, spannender, dramatischer, manche Beschreibung ist einfach zu lang, trägt nichts zur Sache bei, verhindert die absolute Dramatik oder macht das Buch schlicht zu dick.

Alles in allem lohnt sich der Blick auf die Lieblingsstellen, weil nicht alles, was mir gefällt auch für meine Leser lesenswert ist. Manches davon liebe ich einfach nur, weil ich soviel Zeit hineingesteckt habe, es zu schreiben, oder weil es mir gezeigt hat, wie meine Figur ist usw. Manches ist einfach überflüssig und sollte deshalb weg. Sei mutig und streiche es aus dem Buch. Aber heb deine Perlen in deinem „Best-off- alles was es nicht ins Buch geschafft hat“ auf.

Sich selbst oder anderen laut vorlesen

Beim lauten Vorlesen holpert man über die Stellen, die sprachlich noch nicht rund genug sind. Man bemerkt Wiederholungen besser, man erkennt, wo es noch nicht flüssig zu lesen ist. deshalb ist es wichtig, seine Texte laut zu lesen. Nur dann ist der Holpereffekt da. Beim Leise lesen huschen wir da einfach drüber. Ich finde es dabei besonders hilfreich anderen vorzulesen. Dann merke ich auch, wo es mir peinlich wird, wo es einfach komisch ist, wo WOrte zu viel oder zu wenig sind, der Name zu oft genannt wird usw., usw.

Den Text ruhen lassen

Abstand öffnet uns die Aigen für Fehler, die wir sonst nicht mehr sehen würden. Deshalb ist einer der wichtigsten Tipps: Lass dir Zeit. Lass das Manuskript ruhen, ehe du überarbeitet. Wie lange du dir Zeit gibst, hängt von deiner Persönlichkeit ab. Mir hat es gut getan es länger als ein oder zwei Tage ruhen zu lassen. Der Abstand zum Text kam erst nach einigen Wochen.

Was fällt mir beim Überarbeiten besonders schwer fällt?

Ich verfalle gern in eine depressive Stimmung und verurteile meinen Text dann in Bausch und Bogen. Das ist natürlich nicht hilfreich, denn vieles, was da steht, ist ja schon gut, nur manches geht noch besser. Besser wäre also, das ganze als große Challenge zu sehen und motiviert ans Werk zu gehen.

Besonders schwer fällt mir zu entscheiden, was ich ändern will und was nicht. Ich habe schon im Alltag oft Schwierigkeiten mich zwischen zwei Optionen zu entscheiden. Wenn es meinen Text und noch dazu eine Lieblingsstelle betrifft, bricht ein regelrechter Kampf in mir aus. Trennen oder nicht. Manchmal werde ich dann so rigoros, dass es auch nicht hilfreich ist.

In dieser Reihenfolge habe ich meine Überarbeitungsgänge gemacht

  • Nach Beendigung des ersten Entwurfes erstmal eine Kurze Pause,
  • dann ein Ãœberarbeitungsgang in dem ich mit Hilfe eines Programms Wortwiederholungen, Adverbien, Füllwörter etc angeguckt und bearbeitet habe, sprich viel gelöscht, intensive Textarbeit, den Rohdiamanten schleifen und feilen
  • dann Testleser fragen
  • mit deren Feedback bin ich nochmal inhaltlich drüber gegangen und hab auch anderweitige Fehler ausgemerzt
  • Schließlich hat sich ein Lektor das Manuskript angeguckt und
  • ich hab mich an seinen Kommentaren entlang noch einmal intensiv durch meinen Text gearbeitet. Am Ende habe ich noch sein übergeordnetes Feedback eingearbeitet, indem ich
  • fehlende Szenen ergänzt und das ganze insgesamt abgerundet habe
  • zu guter Letzt kam das Korrektorat für Fehler in Grammatik und Rechtschreibung und natürlich die
  • finale Formatierung, der Buchsatz

Mein letzter Rat:

Such dir Helfer:

  • Freunde und Familie sind gut als Ermutiger, aber weniger als kritische Ratgeber
  • Testleser: sollten etwas mehr Abstand zu dir und deinem Text haben
  • ein proffessioneller Lektor: Der kann deinem Text den ultimativen Schliff geben, aber schau dir vorher genau an, ob du mit dem Lektor/der Lektorin auch zusammen arbeiten kannst

War mein Artikel hilfreich für dich, dann freue ich mich über einen Kommentar.

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