Dieser Blogartikel beschäftigt sich mit der Frage: Was ist eigentlich LARP? Und was unterscheidet LARP von mittelalterlichem Rollenspiel, Reenactement oder Histotainment. Ich möchte dazu sagen, dass ich hier nur meinen persönlichen Wissensstand weitergebe. Ich habe selbst nie LARP gespielt, sondern eher ein sehr individuelles, mittelalterliches Rollenspiel, dass zwar Züge von LARP hatte, aber demselben nicht gleich zu setzen ist. Wenn du dich grundsätzlich über die verschiedenen Arten von historischem Rollenspiel informieren willst, bist du hier richtig.
Begriffserklärung: Was ist LARP?
LARP ist die Abkürzung für Life – Action – Roleplay, Live-Rollenspiel oder etwas ausführlicher beschrieben: Lebensechtes, aktionsgeladenes Rollenspiel.
Was versteht man nun darunter?
LARP ist eine Art Rollenspiel oder wenn man so will Improvisationstheater, dass zum Beispiel „Pen-And Paper-Rollenspiele“ (Stift-und Papier-Rollenspiele wie zum Beispiel DnD, Das schwarze Auge oder Shadowrun) quasi lebendig werden lässt, indem die Mitspieler ihre Rollen physisch darstellen. Es gibt verschiedene Spielsysteme und Regelwerke, es gibt große, öffentliche Events oder kleine, private LARP’s. Außerdem muss man LARP von Reenactment und Histotainment unterscheiden. Live-Rollenspiele können in allen Epochen stattfinden, der überwiegende Teil kann dem Genre „Fantasy“ zugeordnet werden. Mittelalterliche Settings sind sehr beliebt, daneben gibt es aber auch LARP’s die eher Science fiction/Dystopien abbilden oder Steampunk oder barocke Anklänge haben. Gemeinsam haben sie jedoch den Rollenspielcharakter und die Notwendigkeit innerhalb einer groben Storyline individuell dem Charakter, den man darstellt, entsprechend improvisierend zu handeln.
„Du kannst, was du kannst“-Regel
Eine Mögliche Regel beim LARP ist die: „Du kannst, was du kannst-Regel“, die besagt, dass man auch in seiner Rolle nur die Dinge wirklich kann, die man auch physisch auszuführen im Stande ist. Sprich, wenn ich kein Schneller Läufer bin, werde ich das Rennen nicht gewinnen, wenn ich mit Pfeil und Bogen die Schießscheibe nicht treffe, dann werde ich nicht den Goldenen Pfeil gewinnen und wenn ich nicht in der Lage bin, ein gutes Essen zu kochen über offenem Feuer, dann wird es leider so schmecken, dass mich meine Mitspieler lynchen. Srpich, wenn ich den Helden spielen will, muss ich auch heldenhaft handeln können, was bedeutet, dass ich meine Helden-Skills, die Fähigkeiten, die ich physisch habe, trainieren muss. Ich kann dann nicht einfach sagen: Mein Held würde den Kampf aber gewinnen. Wenn ich nicht in der Lage bin, zu gewinnen, dann wird mein Charakter verlieren.
Vorteile dieser Regel
Das hat natürlich einige Vorteile, aber auch etliche Nachteile: Vorteil: Man sieht immer sofort das Ergebnis, man misst sich tatsächlich physisch und lernt so etliche Fähigkeiten, die man sonst vielleicht nicht entwickeln würde. Der Spielfluss wird nicht durch Absprachen oder falsche Ergebnisse gestört. Man muss nicht sagen: Aber mein Charakter könnte das jetzt. Und man muss auch nicht den zum Sieger küren, der eigentlich verloren hat, nur weil seine Charakterrolle das vorgibt.
Nachteile dieser Regel
Nachteil ist jedoch, dass mich dieses Spielsystem wieder auf das limitiert, was ich schon kann. Ich kann also nicht in diesem Abenteuer über meine eigenen Fähigkeiten hinaus handeln und Erfolge erzielen, die ich im „Echten“ Leben nie hätte. Ich würde dann vermutlich immer nur die dralle Schankmagd oder die Köchin im Gefolge des Königs bleiben. Etwas, dass ich sehr bedauerlich finde. Für mich macht den Reiz von Rollenspiel unter anderem aus, dass ich mal jemand sein kann, der ich im echten Leben nicht bin, dass ich damit nicht nur sein Verhalten, sondern auch seine Fähigkeiten adoptiere und entsprechend ein Abenteuer in einer anderen Welt in einer ganz anderen Haut erleben darf, als es meine eigene wäre. Ich liebe die Freiheit auch Dinge zu „können“ die ich nicht kann und liebe daher das „So tun als ob“ -Spiel.
LARP und seine speziellen Waffen
Um Schlachten und Kämpfe so auszuführen, dass man „mit aller eigenen Kraft und allem Elan“ kämpfen kann, aber zugleich die Sicherheit und Unversehrtheit der Mitspieler nicht gefährdet wird, benutzt man im Larp spezielle Larpwaffen. Anders als beim Reenactement oder mittelalterlichen Schaukämpfen, in denen sogenannte Schaukampfwaffen zum Einsatz kommen, die oft schmiedeeiserne Nachbildungen , sogenannte Repliken, echter Waffen sind, benutzt man im LARP Latexwaffen die aus einem Fiberglasstab, und Polstermaterial, sowie Farbe bestehen. Sie sehen echten Waffen nur entfernt ähnlich, man sieht deutlich, dass sie aus modernen Materialien gebaut sind, allerdings schützen die die Schlachtteilnehmer einer LARP-Schlacht vor ernsthaften Verletzungen. Mit einer Larpwaffe verprügelt zu werden, tut sicher auch weh, hinterlässt aber im Normalfall, keine schlimmen Verletzungen, während ein schaukampftaugliches Schwert sehr wohl Knochen zerschmettern kann, auch wenn es nicht scharf geschliffen ist.
Es gibt auch passende Larppfeile, die statt einer Metallspitze einen Birnenförmigen Abschluss haben, der nicht ins Auge eindringen kann und somit recht ungefährlich zu handhaben ist. Ein Nachteil besteht allerdings in den sehr veränderten Schussbedingungen: Ein Larppfeil hat ein großes Übergewicht nach vorne und wenn man ihn nicht richtig abschießt, hat er deshalb nur eine sehr kurze Reichweite.
Mein eigenes Schwert ist nicht Larptauglich, sondern eine Schaukampfwaffe.
LARP, Reenactment, Histotainment
Was ist Reenactment?
Als Reenactement bezeichnet man eine historisch möglichst detailgetreue Nachstellung geschichtlicher Ereignisse. So werden Schlachten haargenau und sorgfältig recherchiert, die Akteure mit Kleidung ausgestattet, die den historischen Vorbildern möglichst nah kommt, und die Waffen präzise nachgebaut, um dann den exakten Verlauf der Schlacht nachzustellen. Anders als im LARP gibt es hier weniger Freiraum für eigenwillige Improvisation, der Ausgang der Schlacht steht ja zum Beispiel schon im Vorhinein fest. Reenactment dient also mehr dem Sichtbarmachen geschichtlicher Ereignisse, als nur dem Vergnügen des jeweiligen Spielers. Reenactment verfolgt dabei den Anspruch, so genau wie möglich, die geschichtlichen Gegebenheiten abzubilden und dabei so authentisch zu sein, wie es machbar ist. So wird zum Beispiel die Schlacht bei Hastings aus dem Jahre 1066 nachgestellt, in der Wilhelm der Eroberer seinen Anspruch auf Englands Thron durchsetzte. Auch amerikanische Schlachtes des Bügerkriegs werden in dieser Art nachgespielt. Man kann aber auch jedes andere Ereignis historisch korrekt nachempfinden, zum Beispiel eine adlige Hochzeit des Mittelalters, ein vatikanisches Konzil oder einen Reichstag. Außerdem gibt es auch Projekte, die eine Kathedrale, eine Burg oder ein Dorf mit mittelalterlichen Mitteln wieder aufbauen wollen, auch das kann man unter reenactement zählen, zumindestens dann, wenn nur zeitgemäße Methoden zum Einsatz kommen.
Was ist Histotainment?
Histotainment ist als Wort eine Zusammensetzung von history (Geschichte) und Entertainment (Unterhaltung). Hier geht es also darum, geschichtliches Wissen unterhaltsam zu präsentieren. Darunter fallen zum Beipiel historische Romane, Historienfilme oder auch die seit Jahrzehnten beliebten Mittelaltermärkte oder Ritterspiele. Auch Reenactmentveranstaltungen kann man darunter zählen: dort geht es noch mehr um den geschichtlichesn Wahrheitsgehalt der Darstellung als in anderen Bereichen. Darüber hinaus gewinnt Histotainement auch in den neuen Medien immer mehr Gewicht. Viele Computerspiele greifen historische Zusammenhänge auf, verbinden sie mit Action und präsentieren sie als Teil ihrer Spielewelt. Dabei ist die Darstellung der geschichtlichen Ereignisse in jedem dieser Bereiche unterschiedlich nah an den tatsächlichen Geschehnissen.
Pro und Contra Histotainment
Histotainment prägt durch seine populäre Art der Geschichtsdarstellung unser Bild vergangener Epochen. Zum Teil wird dabei viel romantisiert oder verschwiegen. Es kann deshalb zu Verzerrungen der realen Umstände führen. Zum Teil bewusst, zum Teil unbewusst werden zum Beispiel Quellen verkürzt wiedergegeben oder falsch interpretiert. Deshalb wird diese Art der Geschichtsdarstellung auch kontrovers diskutiert.Eine Stärke des Histotainments ist natürlich vor allem, dass ein breites Publikum erreicht und damit das allgemeine Interesse an Geschichte und historischen Zusammenhängen gefördert und geweckt wird. Das Damit auch Menschen, die sonst wenig Zugang zu diesen Themen finden, mit Erkenntnissen aus geschichtlichen Ereignissen konfrontiert werden und einen neuen Zugang zur Geschichtschreibung gewinnen können.
Ich finde auch, dass Geschichte Spaß machen darf, dass man sich aber gleichzeitig bewusst sein muss, dass ein moderner Mittelaltermarkt und ein Ritterspiel eben vor allem der Unterhaltung dienen und nur im zweiten Rang der geschichtlichen Bildung. Wenn man sich bewusst ist, dass nicht alle Informationen, die man dort über Geschichte erlangen kann auch in jedem Fall der Realität entsprechen, dann kann man sich weiter zu dem Thema informieren, dass einen interessiert und zusätzliche Quellen finden, die die gemachten Behauptungen eben entweder bestätigen oder widerlegen. Bildung ist immer ein aktiver Akt und mich haben Mittelaltermärkte, Ritterspiele und Reenactment schon oft inspiriert, selber weiter nachzuforschen. Man sollte eben auch hier nicht, alles was man einmal hört, als absolute Wahrheit setzen, sondern sich immer ein eigenen Bild machen.
War mein Rollenspiel nun also LARP; Reenactement oder was?
Meine private Form des mittelalterlichen Rollenspiels war sehr speziell. Ich habe mit nur einer anderen Person Geschichten nachgespielt, die wir selbst erfunden haben. Dabei hat jeder von uns verschiedene Rollen gespielt und sich dementsprechend auch umgewandet. Die Geschichte hat grob Szenen vorgegeben und ein „Ziel“, das wir erreichen wollten. Dialoge und konkrete Handlungen in der Geschichte wurden jedoch improvisiert.
DIe Regel „Du kannst, was du kannst“ haben wir so nicht angewendet. Im Gegenteil, bei uns galt: „Du kannst, was dein Charakter kann“. Da wir unsere Geschichten auch als textbasiertes Rollenspiel geschrieben haben, war für jeden von uns beiden klar, welche Charaktereigenschaften, welche Stärken und Fähigkeiten und welche Schwächen der andere in dieser Rolle hat. Und so war natürlich klar, dass der Held der bessere Bogenschütze, sein Gegner dagegen der geschicktere Schwertkämpfer war. So gab es selten Unstimmigkeiten, wer nun in einer Szene dominierte und wer nicht, wer den Kampf, das Wettschießen gewonnen oder verloren hat.
WIr haben uns Mühe gegeben, mittelalterlich zu kochen, oft über offenem Feuer, Gewandungen hatten wir in verschiedensten Varianten, so dass ich ein ganzes Theaterstück damit ausstatten kann.
Hier ein paar Beispiele, wie ich in den unterschiedlichen Gewandungen ausgesehen habe:
Unsere Waffen im mittelalterlichen Rollenspiel waren keine Larp-Waffen, sondern entweder unsere schaukampftauglichen Schwerter, Stöcke oder Holzschwerter. Als Pfeile haben wir, wenn es darum ging, auf eine Person zu schießen, natürlich Larppfeile eingesetzt, wenn es allerdings um ein Wettschießen auf .eine Scheibe ging, kamen die echten Pfeile zum Einsatz.
Eine Ära geht zu Ende
Insgesamt habe ich diese mittelalterlichen Rollenspiele sehr genossen, dennoch habe ich mich in 2024 entschieden, diese Zeit zu beenden. Warum fragst du jetzt vielleicht? Hat es keinen Spaß mehr gemacht? Doch, das hat es. Aber ich habe deutlich gehört, dass es in mir gesagt hat: Die Zeit der Spiele ist vorbei. Und ich habe das Ernst genommen. Wir haben uns oft mehrere Tage Zeit genommen, eine solche Geschichte umzusetzen und das mehrfach im Jahr und ich merke einfach, dass ich dafür nicht mehr genug Zeit habe. Andere Dinge sind wichtiger geworden, auch wenn ich die 15 Jahre, in denen ich mittelalterliches Rollenspiel gemacht habe, nicht missen möchte.
Was ich dennoch immer noch gern tue: Theater spielen, Rollenspiele anleiten. Immer dann, wenn es mehr ist, als nur dem Zweck zu dienen, mich zu unterhalten. Wenn ich ein Ziel habe, dem das ganze dient, dann schlüpfe ich immer gern in einen Charakter und werde Teil einer Geschichte.
Hinterlasse mir gerne einen Kommentar: Bist du ein Rollenspieler, ein Theaterschauspieler, ein Larper? Oder jemand, der ernsthaft Reenactment betreibt? Egal wie, ich freue mich über jeden, wertschätzenden Kommentar.
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