Was man Seltsames lernt, wenn Liegen keine Option ist

Auch diesen Samstag beteilige ich mich an der Samstagplausch-Parade bei Karminrot und empfehle euch, mal in ihrem karminroten Lesezimmer vorbeizuschauen. Sie lädt ein zu Geschichten, Gedanken und den kleinen Momenten, aus denen eine Woche besteht. Ich habe mich auch diesmal dort eingefunden, mit einer Tasse Tee in der Hand und einer Woche im Gepäck, die nicht rund war, aber ehrlich. Eine Woche mit Wetter im Herzen, mit Pausen aus Fürsorge, mit Kreativität im Dazwischen – und mit manchem Seltsamen, das sich gezeigt hat, gerade weil es nicht geplant war.

🌦 Eine Woche mit Wetter im Herzen

Diese Woche hatte Wetter – innen wie außen. Nicht einheitlich, nicht eindeutig, sondern ein Wechsel aus Regen und Licht, Müdigkeit und Klarheit. Manchmal fühlte es sich an, als hätte mein innerer Himmel beschlossen, jeden Zustand einmal kurz auszuprobieren. Und doch gab es Wärme – nicht laut, aber spürbar. So wie man sie fühlt, wenn man von drinnen in einen kalten Wintermorgen hinausblickt.


🪑 Wenn Sitzen zur Haltung wird

An manchen Tagen war mein Körper der Wetterbericht. Die Blasenentzündung hielt mich auf sanfter Distanz zu allem, was Tempo verlangt. Ich habe viel gesessen – nicht, weil ich so viel Ruhe hatte, sondern weil Liegen keine Option war. Das Antibiotikum verlangte aufrecht Sitzen, damit kein ätzender Mageninhalt in die Speiseröhre zurückfließen konnte. Sitzen wurde somit eine Form der Achtsamkeit. Keine Pause, eher ein Trotzdem. Ein ruhiges, bestimmtes:
„Ich bleibe sitzen, auch im Schlaf. Ich bleibe hier und lass mich nicht unterkriegen.“


🌿 Achtsamkeit statt Stillstand

Ich habe jede Tablette rechtzeitig genommen und blieb achtsam, auch wenn die Kraft manchmal nur in kleinen Portionen kam. Rückblickend empfinde ich dafür eine stille Dankbarkeit. Nicht, weil alles leicht war – sondern weil ich nicht aufgehört habe, präsent zu sein.
Die letzte Tablette ist geschluckt, und nun prüft der Körper leise, wie es weitergeht. Vielleicht braucht es noch ärztliche Sicht, vielleicht auch einfach Zeit. Aber ich bin nicht gefallen, nicht einmal an den schwereren Tagen. Und das ist – rückblickend – ein stiller Trost. Manchmal besteht ein Sieg nur darin, aufrecht zu bleiben.

Auch Sichtbarwerden gehört zur Achtsamkeit. Und so habe ich sehr bewusst überlegt, welches Bild heute meinen Header zieren darf. Wie ihr seht, ist es ein Schlafzimmerbild geworden. Rubrik:
Ich sitze, bin müde – aber wach. Nicht perfekt – sondern präsent.


🫱 Gespräche mit leiser Kraft

Es gab Gespräche, die mir wichtig waren – behutsame, ehrliche. Telefonate, WhatsApp-Unterhaltungen, Zoommeetings und Begegnungen im selben Raum. Alle hatten ihre ganz eigene Färbung und waren auf ihre Weise ermutigend. Und ich durfte erleben, dass es eine Kraft gibt, die weder drängt noch schweigt: ehrliches Zuhören. Kein Drama. Nur Präsenz. Und das hat gereicht.

Ein Treffen, das mir wichtig war, musste ich absagen. Nicht, weil ich nicht wollte – sondern weil Fürsorge Raum braucht. Ich hatte das Gefühl, dass ich etwas verliere, wenn ich absage – aber noch mehr, wenn ich gehe. Und so habe ich abgewogen. Bin nicht geflohen. Es war eher ein stiller Akt von Verantwortung. Vor allem meinem Körper gegenüber. Tränen hat es mich dennoch gekostet. Ich hab die Gemeinschaft sehr vermisst.


✨ Etwas beginnt zu wachsen

Ich habe einen Satz gefunden – einen, der meine Berufung ausdrückt. Ich suchte ihn gar nicht bewusst, es entstand aus einem dieser Momente, in denen ich etwas Sinnvolles zu tun suchte, ein bisschen grübeln und nachdenken, aber eigentlich ohne konkretes Ziel. Und so wuchs dieser Satz nicht nur in meinem Kopf, sondern in meinem Herz. Lange blieb alles vage. Und dann, plötzlich, war da etwas – nicht als fertiger Satz, sondern eher wie das erste Licht am Morgen: zart, noch nicht bereit für die Welt, aber spürbar. Ich bewahre ihn noch. Er darf erst Wurzeln schlagen, bevor er Flügel bekommt. Aber es passt zum Weg der letzten Wochen. Es brodelt in mir. Neues wächst – klein noch und zaghaft, aber dennoch lebendig genug, um bemerkt zu werden und erste Wellen zu schlagen.

🪶 Kreativität im 1:1–Modus

Es gab noch einen besonderen Moment am Anfang der Woche: Eigentlich hätte mein Schreibkurs online stattfinden sollen – als Zoomtreffen, wie geplant. Doch die Pläne änderten sich, und es wurde eine Präsenzveranstaltung. Kein Kursraum, keine Gruppe – sondern ein 1-zu-1, ganz direkt, ganz präsent. Und plötzlich war viel mehr Raum da, als ich erwartet hatte. Wir haben Geschichten erfunden, Worte aufblitzen lassen, laut gedacht und leise geschrieben. Es war ein kreativer Dialog – wie Pingpong mit Ideen. Wir haben sogar gemeinsam gegessen, und das Schreiben hörte dabei nicht auf, sondern wechselte nur den Rhythmus. Es war kein „Kurs“, sondern eher ein gemeinsames Erkunden. Und ich dachte: Manchmal entsteht gerade aus dem Ungeplanten die tiefste Konzentration. Vielleicht wächst Kreativität am besten dort, wo Zeit nicht gedrängt wird, sondern einfach bleibt.


🧶 Worte im Dazwischen

In dieser Woche sind trotz Müdigkeit Dinge entstanden – nicht in einem großen Schwung, aber im Dazwischen. Worte kamen nicht im Galopp, aber sie setzten Fuß vor Fuß. Die Adventsgeschichten haben ihren Weg aufs Papier gefunden. Ein Video von Schoolkidz konnte endlich gepostet werden, nachdem Instagram mich zunächst blockierte – und dann plötzlich doch nicht mehr. Vielleicht war es kein Fehler, sondern einfach ein Test der Geduld.


🔦 Visionen, die immer noch tragen

Ich habe meinen „Vision Movie“ noch einmal angesehen, den ich im Januar erstellt habe – und gespürt, dass die Botschaft, die darin liegt, immer noch trägt. Still, aber sicher. Obwohl sich dieses Jahr so viel bewegt hat, hat der Vision-Movie nichts verloren – er hat sich mitentwickelt. Und vielleicht ist das genau der Beweis dafür, dass ein guter Kern Veränderungen mitträgt. Es erinnert mich daran, warum ich gehe – auch an Tagen, an denen ich langsamer gehen muss. Ganz still sagt es: Der Weg lohnt sich.


🛡 Rangerabend mit Umsicht

Gestern war Rangerzeit. Die Andacht habe ich vorbereitet. Der Abend fand nicht im Rangergarten statt, sondern in der Gemeinde – mit Basteln und Muckeln. Das Wetter draußen gehörte in die Kategorie „sehr ungemütlich“, und auch Outdoorspezialisten wissen: manchmal ist Vorsicht gesünder als Mut.


🚴 Ein kurzer Besuch, der bleibt

Es gab einen Moment mit meinem Sohn. Kurz, aber warm. Er musste für einen Termin aus Husum nach Hause kommen. Der Nachtzug brachte ihm vier Stunden Wartezeit mitten in der Nacht am Frankfurter Hauptbahnhof – alles andere als angenehm. Aber wir hatten Zeit. Nicht viel, aber genug für gute Gespräche. Der Termin verlief besser als befürchtet. Und er konnte sein Fahrrad mitnehmen – ein kleines Detail, das für ihn viel bedeutet. Manchmal ist Freiheit nur der Abstand zwischen zwei Pedalen.


🎨 Ein Blick von oben

Am Sonntag war ich zu Hause. Ich habe den Gottesdienst per Livestream verfolgt, mein Jahr von oben betrachtet und ein Visionsbild gemalt – für mein Herz, nicht für die Öffentlichkeit. Auch ein Jahresmotto hat sich gezeigt. Es fühlt sich richtig an, aber es darf noch reifen. Manche Worte brauchen Stille, bevor sie laut werden dürfen.


🧭 Leben ohne Ergebnis

So war die Woche. Keine glatte Fläche – eher Landschaft. Mit Hügeln, Wolken, Lichtfeldern. Ich fühle mich nicht fertig damit, aber ich muss es auch nicht sein. Manches darf einfach erlebt werden, ohne Ergebnisse.
Leben heißt nicht, alles zu schaffen.
Leben heißt: präsent bleiben – auch dann, wenn der Himmel wechselt.

Vielleicht ist das die Essenz dieser Woche: Das Leben muss nicht glatt sein, um gut zu sein. Sonne und Regen dürfen sich abwechseln. Manchmal reicht es, aufrecht zu bleiben – nicht zu fallen – und den Blick nach draußen zu wagen. Dann sieht man Seltsames. Gutes Seltsames. Und vielleicht nennt man das Hoffnung:
aufrecht bleiben, bis die Kraft wieder wächst.

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Samstagsplausch

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