Weihnachten anders als gedacht
Dieses Jahr war Weihnachten anders als gedacht. Es war geprägt von einem Moment, der nachhallt, von einer Zeit, die stiller war als geplant – und von der leisen Erfahrung, trotz allem irgendwie getragen zu sein. Wie immer verlinke ich meinen Beitrag mit Karminrot und dem karminroten Lesezimmer.
Ein Moment, der nachhallt
Der intensivste Moment dieser Woche war ein medizinischer Schreck. Ich hatte starke, wiederkehrende Brustschmerzen – dieses Ziehen und Drücken, bei dem man nicht mehr sicher weiß, ob es „nur der Rücken“ ist oder vielleicht doch das Herz. Wir haben die Entscheidung, den Rettungsdienst zu rufen, nicht leichtfertig getroffen. Im Gegenteil: Wir haben sehr bewusst abgewogen.
Mein erster Gedanke war sogar: „Du kannst mich doch fahren.“
Wir haben den Selbst-Auskunftsbogen der 116 117 ausgefüllt – und der zeigte klar: 112 anrufen. Also haben wir uns für Vorsicht entschieden. Nicht aus Panik, sondern aus Verantwortung.
Ja, das Krankenhaus ist nah. Zu Fuß brauche ich etwa sieben Minuten dorthin – inklusive einer Treppe, die ich nur schaffe, wenn ich gesund bin. Aber wenn es wirklich das Herz gewesen wäre, hätten diese 350 Meter vielleicht mein letzter Weg sein können. Mit dem Auto wäre es auch nicht unbedingt schneller gewesen: Umweg, Parkplatz suchen, mein Mann hätte mich nicht hineinbegleiten können. In so einem Moment allein unterwegs zu sein – das fühlte sich falsch an.
Und doch erlebte ich statt Sicherheit und Unterstützung Vorwürfe.
Der Ton traf mich tief – die Botschaft nicht einmal verhüllt zwischen den Zeilen, sondern sehr direkt: Du hättest auch laufen können. Später saß ich viele Stunden in der Notfallpraxis, mit wiederkehrenden Schmerzen, Hoffen und Bangen. Am Ende lautete die Diagnose: Brustwirbelsäule. Körperlich eine Erleichterung – und zugleich blieb dieses Gefühl zurück, nicht ernst genommen worden zu sein. Und die erschreckende Frage:
Werde ich mich beim nächsten Mal überhaupt noch trauen, Hilfe zu holen?
Ich sage es auch für mich selbst:
Vorsicht ist kein Fehler. Angst in einer Notlage ist kein Makel.
Menschen in verletzlichen Momenten verdienen Respekt.
Weihnachten – stiller als geplant
Und mitten in all dem war Weihnachten. Eigentlich die Tage von Wärme, Lichtern und Gemeinschaft – diesmal jedoch begleitet von Übelkeit, Durchfall und Erschöpfung. Ich war da, aber nicht wirklich mittendrin. Dieses Weihnachten war leiser, brüchiger, zarter als gedacht. Manches musste ich loslassen – auch Erwartungen an mich selbst.
Und doch war da etwas wie ein leises Durchgetragen-Werden. Nicht laut, nicht triumphal, sondern still und vorsichtig.
Vorweihnachtsmoment – Ordnung im Kleinen (und Schutz vor Motten)
Kurz vor Weihnachten hatte ich noch einen ganz anderen Moment: meine „Gläseraktion“. Ich habe meine Vorräte sortiert und fast alles in große Gläser mit Gummiring und Bügelverschluss umgefüllt – als Teil meiner kleinen Gegen-Motten-Aktion. Glas um Glas, ruhig, Schritt für Schritt.
Es war mehr als nur Ordnung machen. Es hatte etwas Tröstliches: Dinge sichtbar machen, Klarheit schaffen, Strukturen finden, wo sonst so viel durcheinander ist. Vielleicht war das schon ein kleines Stück Selbstfürsorge – Schutz, Überblick und Frieden im Kleinen, mitten zwischen Erschöpfung, Unsicherheit und all dem, was diese Tage bewegt hat.
Mit dem Blick der Autorin
Einen seltsamen Kontrast bildete mein „Autorinnenblick“. Ich habe eines meiner geschenkten Bücher angefangen – und bin schon auf Seite zwei an einem unnötigen Perspektivbruch hängen geblieben. Früher hätte ich vielleicht darüber hinweg gelesen. Heute stolpere ich – und merke, wie sehr sich mein Lesen verändert hat. Ein Teil von mir ist dankbar dafür. Ein anderer hätte das Buch gern einfach genießen wollen.
Was ich mitnehme
Ich nehme aus dieser Woche mit, dass Vorsicht kein Fehler ist und Angst kein Makel. Ich möchte weiter lernen, auf mich zu achten, freundlich mit mir zu sein und Menschen ernst zu nehmen – in ihren Gefühlen, in ihrer Unsicherheit, in ihrem So-Sein.
Und genau das sagt Weihnachten mir:
Gott kommt mitten in meinen Schmerz, in mein Chaos – und hält mich sanft fest.
Hoffnung beginnt manchmal genau dort:
im Aushalten, im Mitfühlen, im Barmherzigsein – mit mir und mit anderen.
Ich hoffe, ihr hattet ein entspannteres, gemütlicheres Weihnachtsfest als ich. Und ich wünsche euch eine ruhige Zeit zwischen den Jahren und einen guten Start ins neue Jahr.








Hallo, Martina! Und alle anderen Leser!
So gerne wollte ich dieser Tage kommentieren und doch…
Es hat nicht sollen sein.
Der Schreib-Impulse 3, eine Idee, die nur in Worte gefasst werden will, eine mit Notizen, eine nicht weiter drüber nachgedacht, weil da sind ja noch die beiden offenen …
An Weihnachten alleine zu sein hat etwas Surreales an sich und doch wollte ich es dieses Jahr so. Das erste Weihnachten, seit dem Tod meiner Mutter (3,5 Jahre) zum ersten Mal wieder etwas wie echte Weihnachtsstimmung, aber ungeschmückt. Was ich mir gegönnt habe in der Weihnachtszeit: Magenbrot, einen Schoko-Adventskalender, mit zwei Freundinnen in ein Weihnachtskonzert zu gehen. Einen Adventskalender, den ich vor allem mit yt-Videos gefüllt mit Freunden und Familie geteilt habe, mit Weihnachtslieder mal klassisch, mal modern, mal deutsch oder englisch, mal bekannt, mal nicht und manchmal laut und dann wieder leise. Manches Lied war nicht geplant, wie Chris Reas Driving Home for Christmas, aber nach seinem Tod in der Adventszeit schien es richtig. Der tröstende Kommentar eines Fans: „Chris ist nicht gestorben, er fährt nur nach Hause.“
Es war ein stilles Weihnachtsfest, ich habe weder Platte noch Kassette bemüht, ich habe nur den Moment genutzt und dieses Jahr nicht in Erinnerungen gekramt. Ich habe sie zugelassen, wenn „sie“ sich meldeten und gespürt, dass dieses Weihnachten meine Akzeptanz für alles was mir die letzten Jahre widerfahren ist aktueller denn je ist.
An meinem Geburtstag, ja ich bin ein, wie meine Familie gerne sagte, „Christkindchen“, wollte ich nach draußen, aber die Temperaturen waren so tief, dass meine ursprüngliche Idee zu einem Baumwipfelpfad zu fahren ersetzt werden musste, also studierte ich das Wetter und Klima, nicht zuletzt Events und fand einen Ort 2,5 Stunden entfernt, an dem ich noch nie war… Baden-Baden dort ist der Weihnachtsmarkt auch an den Feiertagen offen, also fuhr ich am nächsten Tag bei schönstem Sonnenschein los und es klappte alles wie am Schnürchen, Züge pünktlich, Proviant dabei, angenehme Mitreisende. Meine Zweifel, ob mein Körper mitmacht, alte Ängste sich wieder melden.
Aber nichts von dem.
Da war die Lichtenfelder Allee und die Oos, die ruhig durch den Ort floß, es waren auch nur 3 Grad plus, aber wieviel angenehmer als zuhause, gab es hier doch keinen Wind. Es roch an jeder Ecke anders, frisch gebackene Makronen, Bratwurst, Maroni, Zimtschnecken, Flammkuchen, der Geruchsinn war gefordert. Tausend Lichter und auch abseits vom Budenzauber, in der Stadt manch reichgeschmücktes Haus. Auf der Hälfte meines Ausflugs begegnete ich Barbara, sie war mir fremd, aber wir kamen ins Gespräch, sie momentan sesshaft in der Stadt, gebürtige Amerikanerin, zwischendurch in Spanien gelebt und im Augenblick damit liebäugelnd wieder dorthin zu ziehen. Es war ein angenehmes Gespräch von zwei Frauen die einige Parallelen in ihrem Leben hatten, aber an diesem Tag sollten sich ihre Wege treffen.
Als ich später am Abend nach Hause kam, dachte ich, was für ein toller Tag, der Plan ist aufgegangen, alles hat funktioniert. Selbst als ich nicht den Bus nutzte, den mir die App vorschlug, sondern eine halbe Stunde eher fuhr und damit 5 Minuten vor Zugabfahrt am Bahnhof ankam.
Das alles hat mich getröstet, dass einmal alles richtig war und mein Herz so offen wieder jeden Moment zu erspüren, ich mich auf mein Bauchgefühl und „den Wegbegleiter da oben“ verlassen konnte. Das Vertrauen in „ihn“ und mich auf gleicher Höhe und keine Angst nicht einmal.
So, wer bis hierhin durchgehalten hat, ist einen langen Weg mit mir in Gedanken gegangen und ich wünsche euch für die Zeit zwischen den Jahren eine angstfreie Zeit, gute Begegnungen und wachsendes Vertrauen in „den da oben“ und in euch selbst.
Wie meine Oma zu pflegen sagte, „Gott gibt dir nicht mehr zu tragen, als du kannst.“ Manchmal tragen wir eine Last gerne und ein andermal wären wir sie vielleicht gerne los, aber wie lange uns etwas belastet ist nicht immer nur abhängig von unserem aktiven Wollen, manchmal muss man sehr geduldig sein, bis man endlich spürt wie die Last leichter wird.
Eine schöne Zeit
wünscht Sabine
Es ist schwer, es einschätzen zu können, ob man einen Herzinfarkt hat. Ich würde sicherlich auch einmal mehr den Notarzt rufen.
Am Ende ist es gut gewesen! Und darauf kommt es an. Wie andere Menschen darauf reagieren, muss man lernen an sich abperlen zu lassen. Es ist nicht wichtig.
Weihnachten war bei uns auch dermaßen gelassen und ruhig, aber sehr schön. Ich bin kein Kirchenmensch, aber an solchen Tagen sind irgendwie doch die Götter dabei.
Lieben Gruß
Andrea