Roman-Tagebuch Teil 21

Unterwegs in Melsungen

Ich sitze gerade, während ich diese Zeilen schreibe, im Rathauscafe auf dem Marktplatz von Melsungen. Nebendran plätschert ein Brunnen, Tauben gehen auf seinem Rand spazieren. Das Fachwerk-Rathaus strahlt eine altehrwürdige Atmosphäre aus, ebenso wie all die anderen Fachwerkhäuser, die den Platz umstehen. Dennoch ist die Stimmung nicht durchwegs ungetrübt. Am Tisch neben mir unterhalten sich zwei Personen über die Folgen der Corona-Pandemie: finanzielle, gesundheitliche, persönliche. Das Thema begleitet uns nun schon seit mehr als 1 1/2 Jahren im Alltag und wird es wohl noch eine ganze Weile länger tun. Noch ist Normalität in vielen Bereichen ein Fremdwort, manche geraten an den Rand ihrer Existenz, weil sie immer noch nicht wieder so arbeiten können, wie vor Ausbruch der Pandemie: Schausteller, Künstler, Freischaffende, Leute, die große Eventsorganisieren, Hotels und Bars und und und, die auf Hilfen angewiesen sind oder waren. Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, was natürlich ihre eigene Entscheidung ist, oder aber eben Menschen, die sich nicht impfen lassen können, weil Vorerkrankungen, Transplantationen oder akute Krebserkrankungen es verhindern. Mir selber geht es da erstaunlich gut, ich bin geimpft (und das ohne große Nebenwirkungen), aber ich finde es wichtig, diejenigen nicht zu vergessen, die mit den Folgen der Pandemie weitaus mehr zu kämpfen haben, als ich selber,  und eben verantwortlich für sich und andere zu sorgen.

Was mache ich in Melsungen?

In Melsungen bin ich, um meine Mama zu besuchen, deren Geburts- und Heimatort Melsungen ist und die hier inzwischen schon wieder seit mehr als 20 Jahre lebt. Nicht nur sie verbindet viele Erinnerungen mit dem Ort. Auch ich bin hier als Kind zwischen Fachwerkhäusern und an der Fulda spazieren gegangen, habe in den Gassen gespielt und bin von vielen begrüßt worden, die meine Oma und meinen Opa kannten. Meine Großeltern waren im ganzen kleinen Städtchen bekannt, denn sie hatten eine Bäckerei. Und manchmal war das ganz schön nervig, an jeder Ecke angesprochen zu werden. Aber gleichzeitig hat der Ort auch etwas von Heimat und Geborgenheit. Ich kenne mich hier aus. Nicht ganz überall, aber doch in der Altstadt. Es gibt Orte mit mehr und weniger Erinnerungen. Ecken, die sich verändert haben, aber auch welche, die seit Jahrzehnten gleich aussehen. Es ist vertraut und neu zugleich. Beste Vorraussetzung für Inspirationen. Und so hatte ich mir vorgenommen, nicht nur meine Mama zu besuchen, zu reden, zu schnuddeln, wie man in Melsungen sagt, in Restaurants zu sitzen und zu essen…nein, ich wollte durch den Ort flanieren, die Atmosphäre atmen und natürlich  – schreiben. 

Atmosphäre tanken, habe ich gemacht… ich bin sowohl bei Tag, als auch bei Nacht durch Gassen mit Kopfsteinpflaster und alten Häusern gewandert. Und ich habe Fotos gemacht. Etwas, dass sonst eher das Hobby meines Mannes ist. Ich hatte auch keine gute Kamera dabei, hab selten lange gefackelt und studiert, wie man was am besten aufnehmen kann… ich habe etwas gesehen, was mir gefiel, hab mein Handy gezückt und ein Bild gemacht. Hinterher habe ich etliche der Bilder am Handy noch bearbeitet. Herausgekommen sind eine Reihe erstaunlicher Schwarz-weiß-Fotografien. Manche können sich echt sehen lassen. Ich war selber sehr erstaunt, über das Ergebnis. Kreativ war es allemal. Und eine Atmosphäre besonderer Art hat es ebenso kreiert. Dennoch haperte es mit dem Schreiben. Abgesehen vom normalen Problem, dass man immer zu wenig Zeit hat, war meine Stimmung eine ganz andere, als die, die ich für meinen Roman gebraucht hätte.

Ich bin durch die Straßen geschlendert und fühlte mich eher weniger wie ein Ritter, obwohl dass sehr wohl möglich gewesen wäre. Aber die Schwarzweißfotos, besonders die nächtlichen, kreierten eine ganz andere Stimmung.

Und so ist, abgesehen von diesem Blogartikel, in den letzten zwei Tagen ein ganz anderer Text als gedacht entstanden. Erstaunlich und unerwartet. Ich hebe ihn auf, aber vorerst bleibt er unter Verschluss. Und ich werde dazu auch nicht mehr sagen, außer: Es war eine ungewöhnliche Erfahrung und ich bin erstaunt, was außer meiner Romangeschichte noch in mir steckt.

Ab morgen, kümmere ich mich aber wieder um meine Figuren. Meine Ritter, Könige und Edeldamen,…

Und wie waren die letzten Wochen?

Tja, wie das immer so ist, verfliegt Begeisterung im Alltag ziemlich schnell. Der Megabooster Schreibkurs hat etwa einen Monat gehalten. Es ist nicht so, dass ich nicht mehr schreiben will, sondern eher so, dass es schwerer wird, sich die Zeit und die Kraft dafür zu nehmen. Aber immerhin, es geht weiter, nicht so schnell, wie ich es mir wünschen würde, aber doch! Schritt für Schritt. Einzelne Szenen sind neu entstanden, ich warte gerade auf das Feedback meines neuen, ersten Testlesers. Und darüber bin ich immer noch begeistert. Der Kurs hat neue Beziehungen geschaffen. Mir quasi Kollegen an die Hand gegeben, denen ich entweder einzelne Passagen zeigen kann oder gar meinen ganzen Text, von denen ich qualifiziertes Feedback bekomme und die wissen, wie schwer es ist Zeit und Ruhe und Muße zum Schreiben zu finden. Und gleichzeitig, wie wichtig das ist. Insofern war der Schreibkurs eine der besten Entscheidungen der letzten Zeit.

Leider sind die Bedingungen gerade nicht so gut, irgendwie wache ich im Moment nicht mehr ganz so früh auf, bin oft sehr müde morgens und später ist es zu trubelig. Mein neues eigenes Schreibzimmer ist noch nicht hergerichtet und auch oft noch besetzt von meiner Tochter… außerdem einer Baustelle wegen einer der lautesten Räume in der Wohnung, also sitze ich immer noch im Wohnzimmer.

Insgesamt wünsche ich mir, schneller voran zu kommen, mit meinem Roman, aber immerhin stagniert es nicht vollkommen.

Soweit für heute.

Ãœber Kommentare freue ich mich immer. 

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