In diesem Teil meines Roman-Tagebuches berichte ich von Katastrophen und Neuanfängen:
Der letzte Teil meines Tagebuches endete mit Frust. Mit dem Gefühl des Scheiterns: unfähig zu sein, es nicht zu können.
Das Buch und den ersten Tag der Geschichte mit dem Erwachen meines Charakters gleich zu setzen, hatte ich für eine gute Idee gehalten. Immerhin ist das für die Figur und den Leser ein Neustart. Aber ich gebe zu, es war ein bisschen lahm und langweilig…. Wobei eine ellenlange Rückblende habe ich nicht geschrieben und auch kein Betrachten im Spiegel… trotzdem …
… der schlechtest mögliche Roman-Anfang war mir gelungen… ganz toll… das war genau das, was ich zur Motivation noch brauchte…
Nein im Ernst: Der Dämpfer war gewaltig. Das Gefühl, den Vogel abgeschossen zu haben, das Fettnäpfchen schlechthin erwischt zu haben, tat weh.
Welche Möglichkeiten hatte ich jetzt?
- Alles hinschmeißen?
- Den Text so lassen und damit leben, dass es der schlechteste Anfang ever ist? Wer sagt überhaupt, dass das so ist?
- Den Text verwerfen und an einer anderen Stelle in die Handlung springen?
Alles hinschmeißen war verlockend. Es wäre das Leichteste. Oder? Da konnte ich mich schon nicht blamieren. Höchstens ein bisschen Hohn für meine vollmundigen, völlig lachhaften Ankündigungen, einen Roman schreiben zu wollen. „War ja klar, dass du das nicht schaffst….!“
Den Text so lassen? Und damit von vorneherein zugeben, dass ich einfallslos bin? Eben doch nur Hobbyautorin ohne guten Stil? Klar, wäre auch denkbar, aber ich wollte mich wirklich nicht blamieren! Und das hätte zur größten Blamage überhaupt werden können!
Einen großen Textabschnitt verwerfen und nochmal ganz neu anfangen? Uff! Das klang nach Herausforderung. Ich weiß eigentlich, dass es für solch einen Abenteuerroman, wie ich ihn plane, das Beste ist, mitten in eine spannende Szene zu springen. Aber das Umzusetzen ist nicht so einfach.Â
Was also tun?
Alles Hinschmeißen? Nein, auf keinen Fall! Aufgeben kam nicht in Frage! Ich wollte diesen Roman schreiben! Ich wollte meine Geschichte erzählen! Oder besser die Geschichte meiner Hauptfigur!Â
Den peinlichen Anfang behalten? Niemals! Also habe ich den schlechten Start eingesackt und beiseite gelegt. Wieder eine Erfahrung mehr.
 Und dann? Dann habe ich nach einem neuen, ersten Satz gesucht. Und Texte gelesen über gute Buchanfänge ( z. B. https://tredition.de/wie-schreibe-ich-einen-guten-buchanfang/ und https://www.anderfeldt.de/fun/erste_saetze/ )
Erste Sätze sind wirklich schwer! Und für mich war es auch nicht hilfreich, die ersten Sätze anderer Autoren zu lesen. Oh, da gibt es viele: gute und nicht so gute und welche, die als gut gelten und die ich dennoch doof finde… aber keiner passt zu meiner Geschichte und natürlich kann ich ohnehin keinen davon verwenden, selbst wenn ich wollte, denn das wäre ja Diebstahl geistigen Eigentums… Aber das Lesen anderer Buchanfänge hat die Latte enorm hoch gelegt. Die Hürde einen eigenen, ersten, genialen Satz zu schreiben schien in unerreichbare Ferne gerückt. Wie sollte ich solchen Ansprüchen genügen?
Ich grübelte und brütete und zerbrach mir den Kopf … aber nichts Gescheites wollte mir einfallen.
Erst als ich losgelassen habe und etwas ganz anderes tat, entflammte mich eine zündende Idee…
Beim Spazierengehen im Schnee flog mir mein erster Satz zu. Ich hab ihn mir inwendig aufgeschrieben und bis zu Hause gemerkt. Dann tippte ich ihn in meinen Laptop. Da stand er, schwarz auf weiß und lachte mich an. Während ich ihn so betrachtete, ging es weiter. Andere Sätze drängelten sich heran. Der erste Satz rutschte nach hinten. Ist jetzt nicht mehr erster, sondern dritter oder vierter Satz. Am Ende stand eine Szene, mit der ich zwar immer noch nicht ganz zufrieden bin, die aber weitaus besser ist, als alles, was ich zuvor geschrieben habe.Â
Und der erste Satz?Â
Ist nicht mehr der, den ich im Schnee gefunden habe, aber er gefällt mir! Immer noch!
Und selbst wenn es nicht so wäre: Das Überarbeiten kommt ja ohnehin noch…. Also bleibt es erstmal stehen, wie es ist.
Das war die Initialzündung. Seit diesem ersten Satz kamen noch viele Sätze dazu. Inzwischen bin ich bei über 17.000 Worten und ca. 50 Seiten.
Du willst wissen, welchen Fortschritt ich mache und wo die nächsten Schwierigkeiten lauern?
Wie es weiter geht, kannst du im nächsten Teil meines Roman-Tagebuches lesen.
2 Responses
Ich hab festgestellt das ich sehr oft noch im Nachhinein den Anfang meiner Texte wieder ändere. Weil sich das Thema/ Schwerpunkt wärend dem schreiben manchmal verändern.
Aber ich schreib ja auch nur verhältnismäßig Kurze Sachen.
Klar, Anfänge können sich ändern. Mir ist es dennoch schwer gefallen, es waren mehrere Seiten, die da in den virtuellen Papierkorb gewandert sind. Viele Ãœberlegungen haben daran gehangen… sogar stundenlange Recherche, die mit einem Mal keine Verwendung mehr fand…und am schlimmsten war eigentlich das Gefühl des Unvermögens…. ich bin froh, einen neuen Anfang gefunden zu haben und hoffe, dass ich es nun bis zum Ende schaffe…