Rund ums Schreiben

Wie schreibt man gute Beschreibungen?

Wozu überhaupt Beschreibungen?

Beschreibungen schaffen Atmosphäre. Sie sorgen dafür, dass man hineinschlüpfen kann in Situationen, dass man sich Szenen bildlich vorstellen kann, dass man der Hauptfigur nahe kommen, sie sehen kann.  Um den berühmten Film im Kopf anzustoßen, braucht es Beschreibungen. Ein Autor malt Bilder mit Worten, lässt fremde Welten entstehen, entführt uns in seine Fantasie. Ohne Beschreibungen bliebe ein Roman kalt und nackt. Hohl. Tot. Unansehnlich. 

Beschreibungen sind das Salz in der Suppe. Damit man schmecken und riechen kann, wie es ist, dort zu sein, wo der Roman spielt. Sinnesempfindungen können unseren Vorstellungen auf die Beine helfen. Was sieht die Hauptfigur? Was hört sie? Was riecht sie? Was schmeckt sie? Was für Empfindungen streifen ihre Haut? Und zu guterletzt kann man auch Gefühle beschreiben: Trauer, Wut, Freude!

Ich sehe was, was du nicht siehst! Was kann man alles sehen?

Die Sache mit dem Sehen fällt mir meistens noch leicht. Ich bin ein Augenmensch! Visuelles ist mir nah. Also beschreibe ich, was vor Augen ist. Wie sieht es dort aus, welche Gegenstände sind im Raum, welche Personen? Welche Kleidung, Frisuren tragen sie? Welche Farben herrschen vor? Gibt es etwas, woran das Auge hängen bleibt? Was dominiert die Szene? Auch Details sind wichtig. Ist das Holz des Tisches blank gescheuert?  Oder ist es frisch lackiert? Oder gelaugt und geölt? Stehen Blumen auf dem Tisch oder steht dreckiges Geschirr herum? 

Ohren auf! Was kannst du hören?

Tja das ist schon schwieriger, Welche Geräusche bilden den Soundtrack zu meiner Szene? Da muss ich mich immer erinnern, dass auch dass dazu gehört, um einen Film im Kopf zu produzieren. Lautlos ist es selten. Da zwitschern Vögel, man hört vielleicht Autos oder das Knirschen von Sand und Kies unter Stiefeltritten, jemand ruft, Kindern spielen und Streiten lauthals, Pferdehufe stampfen und das Tier schnaubt oder, oder, oder… Manchmal sind es nur leise Töne. Sie  in der Beschreibung zu vergessen oder zu vernachlässigen, beraubt uns aber einer ganz wesentlichen Erfahrung. Immerhin ist es ja so, dass wir selbst im Schlaf das Hören nicht abstellen können und manche wachen vom kleinsten Geräusch auf.

Nase zu! Wonach riecht es hier?

Oh weia, da bin ich richtig schlecht. Zum Glück habe ich eine Freundin, der das sehr wichtig ist und die mich daran erinnert, dass Szenen einen eigenen Geruch haben können. Dass Gerüche auch Erinnerungen wecken können an Vergangenes, an Kindheit, Vertrautheit, Liebe. Duftet es nach Rosen oder Lavendel, stinkt der Müllhaufen zum Himmel? Oder liegt ein feiner Weihnachtduft nach Zimt und gebratenen Äpfeln in der Luft? Gerüche zu beschreiben fordert Feingefühl, es gibt soviele Nuancen, Abstufungen und manchmal ist es richtig schwer, herauszufinden, wie etwas duftet. So habe ich erst gestern ein Gespräch mit einer Autorin gehabt, die sich gefragt hat, wonach Tomaten riechen. Bei der Recherche kam heraus, eigentlich duftet hauptsächlich der grüne Stielansatz oder natürlich duftet es, wenn man sie zermanscht, aber die heile Tomate ohne Grünzeug dran hat fast keinen Eigengeruch… wozu solche Überlegungen gut sind? Damit Beschreibungen stimmig werden und wir nicht die Nase rümpfen und sagen, das kann man doch gar nicht riechen.

Kannst du schmecken, wie wunderbar lecker es ist?

Ähnlich wie riechen kommt dieser Sinn bei Beschreibungen manchmal zu kurz. Ich finde es dennoch enorm wichtig und zwar nicht nur, wenn die erzählende Person gerade ein Brötchen isst. Manchmal beißt man sich auf die Zunge und schmeckt Blut, wenn man aufwacht, hat man oftmal einen unangenehmen Geschmack im Mund, wie kann man den bloß beschreiben? Oder die Zahnpasta gibt uns mit ihrem Minzgeschmack einen Frischekick, manchmal kann sogar der Staub in einer alten Bibliothek einen schalen Geschmack im Mund erzeugen… 

Was fühlst du, wenn ich dich berühre?

Die Haut ist ein empfindliches Sinnesorgan und auch sie gibt uns wesentliche Hinweise, wie der Ort beschaffen ist, an dem wir uns befinden. Der Tisch von vorhin, ist er glatt poliert oder rissig, spröde, kann man sich Holzspriesen in den Finger ziehen, wenn man darüber streicht? Lässt Kälte eine Gänsehaut entstehen? Oder schwitze ich, dass es mir den Schweiß aus allen Poren drückt? Ist mein Sitzplatz weich gepolstert oder harter Stein? Kann ich mich stechen, wenn ich die Hecke schneide oder sind die Blätter samtig weich? Eine sanfte Berührung kann ich ebenso fühlen, wie den Wind auf meinem Gesicht oder die angenehme Wärme einer Frühlingssonne! Das spüren über die Haut gibt weitere wesentliche Anhaltspunkte, wie es meinem Protagonisten geht, wie er sich fühlt. 

Und was ist mit Gefühlen?

Auch Gefühle kann man beschreiben. Für meine Geschichten ist das immer sehr wichtig. Ich mag erzählen, wie ein Charakter durch innere Kämpfe und Gefühle wächst, wie er sich verändert, ein „neuer“ Mensch wird. Dazu braucht es natürlich Gefühle und Gedanken, die man auch beschreiben kann. Ist es Trauer, Wut, Freude, die er empfindet, wie fühlt sich das in seinem Inneren an? Welche Farben hat das Gefühl? Welchen Geschmack hinterlässt es? Und schon wieder bin ich bei den anderen Sinnesempfindungen, die mir Anhaltspunkte für innere Beschreibungen bieten.

Wieviel Beschreibung verträgt eine Geschichte? Oder was macht Beschreibungen so schwierig?

Nun, das Wieviel hängt von der Geschichte ab, von dem, was ich erzählen will. Zuviel ist genauso schädlich wie zu wenig.

Wenn es um die Entwicklung meiner Protagonisten geht, wenn  die Geschichte ihre Entwicklung nachzeichnet, brauche ich mehr Beschreibungen. Ich muss erklären, zeigen wie und warum sie sich entwickeln, was sie prägt und beeinflusst. 

Wenn eine Geschichte mehr handlungsorientiert ist, braucht es in geringerem Maße innere Monologe und Beschreibungen von Gefühlswelten, aber Beschreibungen von Schauplätzen haben dennoch ihren Platz. Ohne kommt fast keine Erzählung aus.

Beschreibungen brauchen Vorstellungskraft und Fantasie. Und Liebe zum Detail. Und den Mut sich zu fokussieren. Herauszufiltern, was ist wesentlich, was nicht. Beschreibe ich einen bekannten Ort, brauche ich weniger Worte, als wenn ich eine ganz neue Welt erschaffe und die Leser dorthinein entführen will. Egal ob Sciencefiction oder historischer Roman oder Fantasy-Abenteuer, Welten, die dem Leser unbekannt sind, brauchen ausführlichere Beschreibungen. 

Spielt die Geschichte dagegen in Berlin, Köln oder Hamburg zu unserer heutigen Zeit, kann ich mir Autos, Straßen und Häuser relativ leicht vorstellen und brauche nur die ganz spezifischen Details, selbst wenn ich noch nie in diesen Städten gewesen bin. Dagegen können die Flugobjekte in einem Scifi- Abenteuer sehr speziell sein. Ich muss sie beschreiben, damit der Leser sie vor sich sieht. Das heißt ein Autor muss wissen, was seine Leser wissen können, er muss sich hineinfühlen in seine Leserschaft, muss ein Gespür haben, was notwendige Informationen sind und was man auch weglassen kann, weil es eine Szene überfrachten würde.

Ich tendiere oft eher dazu, zu wenig zu beschreiben, weil in meinem Kopf sind die Bilder ja vorhanden, dabei vergesse ich, dass der Leser nicht automatisch in meinem Kopf ist, dass ich also mehr sagen muss, als ich für nötig halte.

Andererseits sind zu langatmige Beschreibungen langweilig und ermüdend und ich kenne sogar Leute, die dann einfach weiterblättern, weil es sie nicht interessiert. Da ich auf keinen Fall möchte, dass meine Leser meine Worte nicht lesen, muss ich mich also so kurz fassen wie möglich, aber auch so lang wie nötig. Und das ist die Kunst.

Und wie beschreibe ich jetzt?

In dem ich ein Bild male, zeige, was zu sehen, zu fühlen ist. Möglichst direkt und ohne sogenannte Filterwörter. Show, don’t tell. 

Filterwörter, was ist das nun wieder?

Bis vor Kurzem wusste ich auch noch nichts von der Existenz von Filterwörtern. Beziehungsweise, ich hatte den Begriff so noch nie gehört. Doch dann stieß ich auf zwei Artikel, die sich sehr gut damit befassen und umfassend erklären, worum es geht. (Die Links findest du am Ende meines Artikels)

Was genau sind Filterwörter und was machen sie? 

Filterwörter sind solche, die eine Distanz zu deiner Figur schaffen. Sehen, Schmecken, fühlen  und noch etliche andere fallen darunter. 

Aber du hast doch gerade oben gesagt, man soll beschreiben, was man sieht und hört und über Sinneseindrücke wahrnimmt? Ja. Aber nicht, in dem man diese Worte zu häufig im Text verwendet. Ab und zu kann man sie einstreuen, aber sehr dezent und an die jeweilige Situation angepasst. Besser ist es, die Dinge direkt zu sagen oder eben Handlungen und Reaktionen zu umschreiben. Welche Worte man eher meiden sollte und wie das aussehen kann, kannst du in den Artikeln nachlesen, die ich am Ende meines Blogposts verlinke.

Hier ein paar Beispiele. Ich markiere die Filterwörter kursiv.

Also statt: Er fühlte sich unwohl. Es schmeckte unangenehm nach Galle und er spürte Übelkeit aufsteigen. Hoffentlich musste er sich nicht übergeben.

Besser: Tom schnaufte. Gallebittere Spucke lief ihm im Mund zusammen. Er krümmte sich, eine Hand auf den Bauch gepresst. Schweiß brach ihm aus. Jetzt nur nicht übergeben!

Oder: Karina stand und sah die Straße entlang. Sie wartete auf den Schulbus. Jetzt konnte sie ihn schon hören, wie er laut rumpelnd und keuchend um die letzte Ecke bog. Sie freute sich auf die Schule, weil sie dann Tom begegnete. Sie fühlte sich zu ihm hingezogen. Sie stieg in den Bus. „Darf ich mich neben dich setzen?“, fragte sie. Sie sah Tom nicken und rutschte neben ihn.

Stattdessen könnte es auch so aussehen: Karina trippelte unruhig auf und ab. Die Straße lag leer und verlassen. Immer noch nichts. Wann kam er endlich? Sie schnaufte. Wenig später bog der Schulbus rumpelnd und keuchend um die Ecke. Ihr Herz machte einen Satz. Dort saß Tom. Hitze stieg ihr in die Wangen und sie senkte schnell den Kopf. Für Augenblicke verengte sich ihre Kehle, dann fing sie sich und stieg in den Bus. „Darf ich mich neben dich setzen?“ Tom nickte und sie rutschte neben ihn.

Es geht also darum, die Erfahrungen unmittelbarer zu beschreiben. Mach es so nah wie möglich, es sei denn, du willst die Distanz zu deiner Figur. Die Art und Weise, wie du Filterworte verwendest, ändert die Perspektive. Guckst du deiner Hauptfigur als außenstehender Beobachter zu, wie sie etwas tut oder fühlt oder bist du so nah bei ihr, dass Ihre Empfindungen deine werden, Ihr Blick das ist, was du siehst?

Statt: Sie stand auf dem Hügel und sah den Adler am Himmel über sich.

Eher: Sie stand auf dem Hügel. Der Himmel spannte sich weit. Ein Adler zog dort seine Kreise.

Statt: Das Meer roch unangenehm modrig nach Algen und Fisch.

Lieber: Sie rümpfte die Nase. Vom Meer her stank es modrig nach Algen und Fisch. 

Statt: Sie mochte ihr Brötchen. Es schmeckte nach Käse und Tomaten

Besser: Mhh. Lecker. Käse und Tomaten auf Brötchen. Sie liebte es.

Statt: Kurt fühlte sich unsicher, als er auf dem Weg zum Vorstellungsgespräch war.

Könnte man es so sagen: Kurt biss sich auf die Lippen. Die Aktentasche wurde immer schwerer und seine Knie weicher. Wenn er es doch nur schon hinter sich hätte, dieses vermaledeite Vorstellungsgespräch.

Statt: Lina hörte die Glocken der großen Kathedrale. Es war schon spät.

Heißt es dann: Die Glocke der Kathedrale dröhnte über den Marktplatz. Lina zuckte zusammen. Es war schon spät.

Ausführliche Artikel findest du hier: https://mynextself.com/filterwoerter/

und hier

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